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Das Arbeitsleben auf dem Hof


Hier gebe ich einen Einblick in das Arbeitsleben im Werderland der 50- Jahre des 20. Jahrhundert - mit gelegentlichen Rückblicken in Vorzeiten. Alles ist aus meinem Gedächtnis wiedergeben. Aufzeichnungen existieren hierzu bei mir nicht. Angaben wie "heutzutage" o.ä. beziehen sich auf 2012/13. Diese Abhandung schließt an "Altagsleben im Werderland" an.

  • Allerlei Leute, Dorfbewohner, aus Bremen und von weiter weg kamen auf den Hof um zu schnaken, Geschäfte erledigend, nach Arbeit fragend etc. Was man selbst konnte, machte man auch selbst. Die Anforderungen waren andere als heute. Die Arbeitsmethoden und Möglichkeiten entsprechend.

 

  • Um beispielweise die Bohrung für den Deichselbolzen an einen stärkeren Bolzen anzupassen, kam dieser dickere für kurze Zeit in das Herdfeuer bis er hellrot glühte. dann ging es schnellen Schritts auf die Diele zu der Deichsel. Mit einer Zange angefasst, drückte man diesen glühenden Bolzen durch die vorhandene, zu kleine, Bohrung hindurch. Sollte der Bolzen abgekühlt sein bevor die Bohrung fertig war, wiederholte man die Prozedur.

 

  • Für nahezu alle bäuerlichen Arbeiten standen Maschinen zur Verfügung. Diese wurden von Pferden "angetrieben" Die Maschinen bestanden in der Hauptsache aus Gusseisen bzw. Stahlguss, wie das auch in Handwerk und Industrie üblich war. Die Energie fur die zu erbringende Arbeit kam durch die (Eisen)-Räder und ein Getriebe zu dem Arbeitswerkzeug. Dazu mußte die Maschine ständig in Bewegung sein, was durch die Pferde bewerkstelligt wurde.

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  • Auch stationäre Maschinen wurden vor Einführung der Elektrizität durch Pferde in Gang gesetzt. Die Übertragung der Pferdekraft an die bspw. Dreschmaschine erfolgte durch einen Göpel. Die Antriebskraft wurde durch Göpelstangen, ähnlich vergleichbar den Gelenkwellen in Kraftfahrzeugen, zu der anzutreibenden Maschine geleitet. Die relativ niedrige Drehzahl der Göpelstangen wurde mittels Flachriemenscheiben auf eine maschinengerechte angehoben.

 

  • Mähmaschinen hatten eine Mähschiene (Messerbalken) mit einer Anzahl dreieckiger, 2-seitg geschliffener Messer daran. Man kann sich etwa wie bei den heute gebräuchlichen Elektrischen Heckenscheren vorstellen. Allerdings mit nur einer Schnittrichtung. Das Mähgut (Gras) wurde Bodennah erfaßt, geschnitten und von der Maschine aufgefangen und zu einem "Schwatt" abgelegt. Das Gras mußte gut trocknen, ansonsten bestand, neben des zu erwartenden Verderbs des Heues, bei der späteren Lagerung hohe Brandgefahr durch Selbstentzündung, bevor es als Heu in die Scheune eingefahren werden konnte. Zum vollständigen Durchtrocknen mußte es regelmäßig gewendet werden. Den Bauern stand dafür ein Heuwender, eine Maschine mit großen, drehbaren Scheibenrädern, an denen Haken angebracht waren, zur Verfügung. Diese Scheibenräder wurde durch das von Pferden zu erledigten Ziehen des Heuwenders, in Drehung versetzt und warfen so das Gras/Heu auseinander. Eine andere Methode war das Wenden und auseinanderwerfen von Hand, mittels einer Forke.

 

  • Um das nun verstreute Gras, das nach und nach trocknete und zu Heu wurde, wieder zu sammeln, bediente man sich einer Harkmaschine.Dieses Gerät war mit einer Achse, zwei Eisenräder, Einspännerdeichsel, dem eisernen Sitz für den Bediener und eben der Harke ausgestattet. Diese Harke bestand aus einer guten Anzahl, im Radius von wohl 40/50 cm gebogenen, spitz gearbeiteter Zinken. Die Zinken waren einseitig zusammengefaßt und an dieser Stelle drehbar gelagert. Wenn nun geharkt werden sollte, wurde mittels eines Handhebels die Harke abgesenkt und so das Gras/Heu zusammengeharkt. Auch eine Harkmaschine mußte von einem Pferd in Bewegung gehalten werden.

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  • Getreide mußte nach der Reife zunächst "auf dem Halm" trocknen, wurde dann mit einem Bindemäher geschnitten und gleich zu Bündeln (Garben) zusammengefaßt. Dieser Bindemäher hatte, ähnlich der Mähmaschine, einen Messerbalken. Über der Auffangfläche für das Mähgut war ein, durch die Räder der Maschine beim weiterfahren angetriebenes, quer zur Fahrtrichtung drehendes Kreuz, an dem Bretter angeschraubt waren, angeordnet. Diese Bretter erfaßten die, von einem aus Ketten und daran montierten Latten bestehenden Fördervorrichtung zugeführten Getreidehalme, teilte sie in etwa gleiche Halmzahlen und führten sie einem Bindesystem zu. Daran anschließend wurden die Bündel abgeworfen. Mitlaufende Helfer setzten diese Bündel zu Hocken auf, wo das Getreide dann weiter trocknete.

 

  • Hocken nannte man die in Runde, kegelförmig, mit den Ähren nach oben, aufgestellten Getreidebündel. Durch dies Konstruktion trocknete das Geteide gleichmäßig. Regen lief ab, ohne tief einzudringen.

 

  • Bei kleinen Flächen, zum Ausmähen der von den Maschinen nicht erfassberen Ecken etwa, wurden auch Sensen eingesetzt. Getreide bzw. Gras einfach stehen lassen - das gab es nicht.

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  • Um das Heu einzufahren warf man es zunächts zu kleinen,"forkbaren" Haufen zusammen. Darauf fuhr man mit dem Leiterwagen an dieser Haufenstrecke entlang. Die Pferde wurden durch Zuruf "gesteuert". Beidseitig stakten Leute das Heu auf den besonders ausgerüsteten Wagen.

 

  • Um eine größtmögliche Menge Heu einzufahren, kam auf den Wagenkasten ein Gestell gelegt. Dadurch wurde die Ladekapazität verdoppelt. Zum beladen standen nur Forken zur Verfügung. Nachdem die vom Boden aus zugängliche Ladungshöhe erreicht war, übernahm jemand die weiteren Heumengen und stakte sie auf eine größere Höhe, bis ca. 3,5 m (vom Boden aus gesehen) erreicht waren. Diese Ladung wurde durch einen, mittig der Länge nach, aufgelegten Rundholz (Bindebaum) gesichert. Dieser Bindebaum wurde mittels eines Seiles, sowohl hinten als auch vorn, unter großer Kraftanstrengung niedergespannt und das Seil am Wagen festgebunden.

 

  • Die landwirtschaftlichen Wege waren schmal, unbefestigt und teils zu tiefen Spurrillen ausgefahren. Auch die Brücken (Dammstellen) über die zahlreichen Gräben entsprechend. So mußte aufmerksam gefahren werden. Dennoch kippte gelegentlich ein Fuhrwerk um. Das wurde dann entladen, aufgerichtet und erneut beladen.

 

  • Die Scheuneneinfahrt auf Mb 19 lag sehr ungünstig. Man mußte mit "schmackes" von der Hofeinfahrt am Misthaufen vorbei, dann rechts abbiegend um den Misthaufen herum und sofort wieder links in die Scheune hinein. Durch die Scheuneneinfahrt paßte nur der Wagen hindurch. Der Fahrzeugführer trieb die Pferde an, rannte den Scheunenberg mit hinauf um kurz vor der Scheunenwand zwischen die Vorder- und Hinterräder des Wagen zu springen. Wenn der vordere Wagen die gegenüber liegende Wand erreicht hatte, mußten die Pferde sofort zum halten gebracht werden, da sonst die ganze Fuhre den Scheunenberg hinab zu stürzen drohte. Die Pferde wurden anschließend ausgespannt und an den Zügeln zur "sicheren" Scheunenseite geführt.

 

  • Das abladen aller Arten von Ladung geschah durch Muskelkraft. Auf Mittelsbüren 19 gab es, wie anderen Orts schon vereinzelt anzutreffen, keinen Heuaufzug.

 

  • Eingefahrenes Heu wurde auf dem Dachboden des Viehhauses, in einer Scheunem auch, wo noch vorhanden, unter einem Holländer gelagert. Und dann bedarfsweise an das eigene Vieh verfüttert, aber auch verkauft. Bstw. an den Fuhrpark der Bremischen Stadtreinigung.

 

  • Das auf dem Heuboden über der Diele einzulagernde Heu wurde, durch eine Luke hindurch, mittels dreizinkiger Heuforken auf den Heuboden gestakt. Auf dem bereits eingelagertem Heu stehend, übernahmen weitere Mitarbeiter/innen das angelangte Heu und beförderten es auf die nächste Ebene. Diese Lucken bargen eine Absturzgefahr in sich und mußten daher besonders gesichert werden.

 

  • Mit derartigem hielt man sich nicht lange auf, zumal die Aufsichtspersonen der Berufsgenoschenhaft sich vor einem Besuch anmeldeten. Kurt, ein arbeitsamer, zuverlässiger und langjähriger Knecht, stüzte dann während des Heuabwerfens für die abendliche Viehfütterung, ab. Es war weiter nichts passiert, denn er viel ins weiche Heu.

 

  • Mit Kurt hatte es eine spezielle Bewandnis. Kurt entsprach nicht dem Bild dass sich die Nazis von einem geistig vollwertigen Menschen machten. Und, so wurde berichtet, sei Kurt als Jugendlicher kastriert worden. Damit war ihm dann genommen, sich "zu vermehren". Weiter hieß es, sein Bruder habe ihn denunziert.

 

  • In den 50-er Jahren noch beruhte das Transportwesen zu einem sehr großen Teil auf Pferdefuhrwerken. Daher bestand ein Markt für Heu und Stroh durch die städtischen bzw. gewerblichen Fuhrwerksbetreiber. Dieser Markt wurde von den Bauern bedient.

 

  • Getreide wurde, so wie es vom Feld kam, i.d.R. zunächst eingelagert. Wenn die Feldarbeit die Arbeitskraft nicht mehr in Anspruch nahm, gedroschen. Man benutzte dazu eine Dreschmaschine. Einige Bauern hielten eine eigene Dreschmaschine vor, andere beauftragte Lohndrescher. Diese fuhren mit ihrer Dreschmaschine zu den Bauern. Die gewonnenen Getreidekörner wurde für die spätere Verwendung in Kisten oder Säcken gelagert. Der Schutz vor Mäusen und Ratten erforderte große Aufmerksamkeit.

 

  • Zum Antrieb von Dreschmaschine, Kreissäge, Getreidemühle etc. gab es einen recht großen, auf einem kleinen Plattformwagen montierten, Elektromotor. Man fuhr den Motor an die jeweilige Maschine heran und legte einen Flachriemen (aus Leder) auf die Riemenscheiben. Zum spannen des Riemens wurde ein Kantholz passender Länge zwischen die Maschinen gekeilt. Wenn die Drehrichtung nicht stimmte, ließ man den Riemen "über Kreuz" laufen. Alles ohne vernünftige Schutzabdeckung. Die wichtigste Unfallverhütungsregel war dann wohl "aufpassen".

 

  • In der frühen Zeit dörflicher Elektrifizierung wurden oftmals die Höfe und Häuser nur nur mit "Lichtstrom" - also 1-Phasig versorgt. Für Dreschmaschine ist aber "Kraftstrom" - also 3-Phasig erforderlich! Man behalf sich, indem man von den benachbarten Höfen die fehlenden "Phasen" hinzuholte.

 

  • Für die bäuerlichen Transporte gab es ein Standard-Wagenmodell. Ein, durch einfaches Zusammenfügen der Hauptbestandteile, wie Vorder- und Hinterachsen, einem Verbindungs-Kantholz, dem ansetzen der Deichsel war der Wagen rollbar. Die Boden- und Seitenbretter, Vorder- und Hinterschott kamen an ihren Platz und der Wagen war einsatzfähig. Die Aufbauteile waren durch Latten, Klassen genannt, aus einzelen Brettern zu Brettflächen gefügt. Diese Klassen sorgten gleizeitig dafür, dass alles an seinem Platz blieb, sie steiften das Ganze aus.

 

  • Die bäuerlichen Betriebe waren auf Vollversorgung des eigenen Bedarfs an Nahrungs- und Futtermitteln eingestellt. Was auch für handwerklkiche Arbeiten galt. Zugekauft wurde i.d.R. nur was man selbst nicht herstellen konnte.

 

  • An der unteren, hofseitigen Dorfstraße verlief beidseitig ein Wassergraben. Feldseitig bearbeiteten die Bewohner eine Ackerfläche, eine Art Garten. Hier wurde Gemüse, überwiegend für den Eigenbedarf, angebaut. Die Flächen waren teils so groß, dass sie mit Flug, Egge und Kartoffelroder bearbeitet werden konnten.

 

  • Die geernteten Kartoffeln mußten nach Größen sotiert werden, schadhafte durften nicht in die Lagerung, da sie den Verderb der gesunden Ware verursachen / fördern würden. Hierzu stand eine Kartoffelsortiermaschine zur Verfügung. 2 Personen beobachteten die Kartoffeln auf dem Schüttelrost und nahmen die schlechten ab. Die Sortierung nach Größe erledigte die Maschine selbsttätig.

 

  • Ein großer Anteil der Kartoffeln diente als Viehfutter. Einige Zentner, besonders der frühen Ernte verkaufte man. Auch die zur Ernährung der Menschen auf dem Hof baute man selbst an. Als ein Beispiel der damaligen "Produktionstiefe" in der bäuerlichen Wirtschaft: Man stellte Kartoffelmehl aus den eigenen Kartoffeln selbst her.

 

  • Runkelrüben waren eine für die Viehfütterung sehr wichtige Feldfrucht. Zum Ausbringen der Samen, was in Reihen erfolgte, gab es Sämaschinen. Zum einen eine kleine, handgeführte Ausführung einer Sämaschine mit der Einzelreihen gesäht wurden. An den Sämaschinen für den großflächigen Einsatz waren eine Anzahl Sä- und Zumeßvorrichtungen angebracht. So dass rationeller gearbeitet wurde und gleichmäßige Reihenabstände erzielt werden konnten. Diese Maschinen wurden von Pferden gezogen. Beide Arten der Sämaschinen öffneten den Boden. legten das Samenkorn ein und schlossen den Boden über dem Samenkorn.

 

  • "Unkraut" vernichtende Substanzen waren nicht gebräuchlich, unerwünschter Bewuchs wurde weggehackt. Dabei war die gesamte Hofbesetzung im Einsatz. An heißen Tagen war der Kleiboden an der Oberfläche ausgetrocknet, dadurch sehr hart. Was die Arbeit erschwerte.

 

  • Unmittelbar vor der Ernte schlug man die Blätter der Rüben ab. Die Rüben selbst wurden auf den Ackerwagen geworfen. Die Rüben kamen zum einlagern in einen kühlen Kellerraum.

 

  • Für das oberflächliche reinigen und zerteilen der Rüben vor dem verfüttern, stand ein Rübenschneider zur Verfügung.

 

  • Im Frühjahr wurde der angesammelte Mist aus den Ställen, der über Winter auf einem Misthaufen geschaft war, auf Ackerwagen verladen und zu den Feldern transpotiert. Die Seitenbretter und Schotten wurden meißt nicht angebracht. der Mist lag auf dem Wagen, durch festklopfen gesichert. Um nicht den ganzen Weg nebenher zu laufen, legte man einen zusammengelegten Sack auf den Mist und setzte sich auf den Sack. Die in heutiger Zeit häufig anzutreffenden entsp. Ekelgefühle waren den Menschen damals, und sind es mir noch heute, fremd.

 

  • Auf dem Acker angekommen, wurde der Mist zu Haufen mit gleichmäßigem Abstand zueinander entladen. Wegen der fehlenden Brettflächen konnte der Mist mittels eines Misthaken abgeworfen werden. Was erheblich schneller ging und auch kräftesparender gegenüber des Abwerfens mit Hilfe einer Forke war. Der Pferde wurden mit Zuruf "gesteuert" und zogen dadurch an bzw. hielten.

 

  • Einige Jahre lang wurden im Herbst die Abwässer Bremens zum Düngen der Landwirtschaftlichen Flächen genutzt. Die Bewässerung wurde mit Hilfe von Rohrleitungen bewerkstelligt. Bald stellte man die Aktion wieder ein, da Zweifel an der Sinnhaftigkeit aufkamen.

 

  • Vor dem Pflügen verteilte man den Mist, mittels einer Forke gleichmäßig über den Acker. Nach dem Pflügen mußte der Acker geglättet werden, was mittels einer, von Pferden gezogenen, Egge erledigt wurde. Um die Ackerecken mit der Egge zu bearbeiten, wurde die Egge von Hand versetzt. Dabei mußten die Pferde ein, zwei Schritt zurück gehen. Bei einem solchen Manöver kam es gelegentlich zu schweren Unfällen durch umschlagen der Egge. Die rückwärts gehenden Pferde traten in die scharfen Zinken und reagierten unkontrollierbar auf den Schmerz.

 

  • Grünflächen (Weiden) wurden gleichfalls mit Mist gedüngt. Dann aber im Herbst, nach dem aufstallen, und nur fein ausgestreut.

 

  • Turnusmäßig kamen Händler mit Eisenwaren (Nägeln), mit Seifen u.a., durch das Dorf. Auch Sattlerarbeiten, Haare schneiden, Versicherungen wurden direkt im Haus, bei den Kunden erledigt. All diese Leute kamen mit dem Fahrrad aus Bremen.

 

  • Der Aberglaube war gegenwärtig. So durfte bspw. der Eisenwarenhändler bei uns nicht in die Viehställe. Da dieser Mensch angeblich das Vieh "verhexte", sollte so verhindert werden, dass Vieh erkrankte. In den Nächten zwischen Weihnachten und Neujahr durfte keine Wäsche auf der Leine hängen. Spiegel nicht zerbrechen etc. etc.

 

  • Wie Menschen, mit zumindest durchschnittlicher Inteligenz, zu derartigen Schlüssen kommen konnten und können, ist mir nach wie vor ein, wohl unlösbares, Rätsel.

 

  • Es kam vor , dass Rinder Nägel, mit dem Heu zusammen, einfraßen. Was für mich als Folge nachlässigen Umgangs bei Ausbesserungsarbeiten erschien. Die Nägel durchbohrten die Verdauungsorgane. Wenn dies entdeckt war, rief man den Tierarzt. Das betroffene Rind band man, inmitten des gesunden Viehs, Bewegungsverhindernd fest. Der Arzt schnitt das Tier auf, entfernte den Fremdkörper. Die Wunde(n) danach verschlossen und das wars.

 

  • Der Dorfhandwerker Wulfken erledigte vielerlei Aufgaben. Ein Bindemäher war zu reparieren und der Knecht des Bauern ging zur Hand. Es kam zum Streit, da der Knecht Schrauben mit einem Hammer beschädigt hatte. Schrauben waren wertvoll, sie kosteten Geld - und schlimmer, man mußte neue Schrauben aufwendig aus den Nachbarorten beschaffen.

 

  • Der Knecht nahm die Sache derart ernst, dass er sich auf dem Dachboden seines Bauern erhängte. Zunächts hatte er wohl daran gedacht sich im Hause des Dorfhandwerkers das Leben zu nehmen. Denn dort war er am betreffeden Tage gesehen worden.

 

  • "Selbtsmörder" verachtete man, daher wurde der Knecht an der Friedhofsmauer beerdigt. Die Mutter des Verstorbenen kam nicht zur Beisetzung ihres Sohnes - man war Katholisch.

 

  • Neben Heu, Mehl und Rüben wurde auch Stroh besonders an die Rinder verfüttert. Das Stroh wurde "wie es wahr" vorgegeben oder kleingeschnitten (Häcksel - auch Kaff genannt). Das Stroh legte man zum häckseln in die Angaberinne einer Häckselmaschine. Geschnitten wurde das Stroh dann durch ein rotierendes Messer, von Hand angetrieben. Ein gefährliches Unterfangen. Es wurde auf Vorrat gehäckselt. Das Hächselgut kam auf die "Hillen", einem Raum unter dem Dach, oberhalb der Standplätze des Viehs.

 

  • Nach dem Verzehr der vorgegebenen Futtermittel durch das Vieh, wurde die Futterrinne ausgefegt. In diese saubere Rinne ließ man Wasser einlaufen. Nach dem der Durst gestillt war, wurde das verbliebene Wasser durch ein dafür vorgesehenes Loch in der Stallwand auf den Hof abgelassen. Selbsttränken gab es anderen Orts, aber eben nicht auf Mittelsbüren 19.

 

  • Wie damals üblich, und wohl nicht hinterfragt, mußte das Rindvieh die ganze Zeit der Aufstallung an einem, von wohl 1,5- facher Körperbreite, bemessenem Stell- und Liegeplatz - angebunden - ausharren. Hinter den Rindern verlief eine Rinne von wohl 1m Breite. Dieser "Mistgang" diente auch dazu um beim melken von Kuh zu Kuh zu gehen, die Tiere an ihren Platz zu führen. Und eben auch dem täglichen Ausmisten.

 

  • Gelegentlich verfing sich ein Rind in seinen in seinen Stricken. Ein guter Hund auf der Diele alamierte den Bauern. so wurde schlimmeres verhindert.

 

  • Der angefallene Mist wurde von den Standplätzen der Rinder in den Mistgang geworfen. Der Transport zum Misthaufen geschah mittels Schiebkarre. Diese war aus Holz hergestellt und hatte ein recht hohes Eigengewicht. Im Frühjahr hatte der Misthaufen regelmäßig eine imposante Größe erreicht. Er war so etwas wie ein Statussymbol - man konnte von der Größe des Misthaufens auf den Viehbestand schließen.

 

  • Die Rindviehhaltung war sicher der bedeutensde Zweig der Landwirtschaft im Werderland. Einerseits war nur auf einem kleinen, hinreichend trockenen, Teil aller Flächen eine erfolgreiche Ackerwirtschaft möglich. Zum anderen brachte die Milch zuverlässig Geld ins Haus.

 

  • In älteren Zeiten, als der Autoverkehr noch schwach entwickelt war, trieben die Bauern ihr marktfähiges Vieh auf den Landstraßen nach Osterholz-Scharmbeck zum dortigen Viehmarkt um es dort zu verkaufen. Man ging um ca. 3:00 los. Nach Marktschluß, mit unverkauften oder hinzu erworbenen Tieren auf dem gleichen Wege zurück.

 

  • Bis zur Wende 19./20.-Jahrhundert waren die Grünflächen so feucht, dass die Rinder des nachts auf geflochteten Matten aus Buschwerk schliefen, wurde berichtet. Diese Matten waren ein paar Dezimeter dick.

 

  • Gemolken wurde von Hand. Man setze sich auf einen, ca. 25 cm hohen, Schemel unmittelbar beim Euter der Kuh und strich die Milch in einen untergestellten Eimer. Von Zeit zu Zeit goß man die gewonnene Milch in 20 Ltr.-Kannen. Da nur 10 bis 20 Kühe gehalten wurden und die Milchleistung noch naturnah war, kamen nur wenige Kannen zusammen. Die Kannen trugen aufgelötete Kennnummern, so dass sie in der Molkerei den jeweiligen Bauern zugeordnet werden konnten. Ein Beauftragter der Molkerei holte einmal täglich die, an den Hofeinfahrten bereit gestellten, Kannen ab, brachte die in der Molkerei geleerten zurück.

 

  • Zu Zeiten in denen die Kühe auf den Weiden gehalten wurden, molk man die Kühe auch dort. Ein oder zwei Leute vom Hof beluden eine Handkarre, einem Fahrradanhänger vergleichbar, mit Kannen, Eimern, Melkfett und Melkschemel. so zogen sie dann zu den Kühen, oft einige Km vom Hof entfernt. Es gab auch Tragvorrichtungen die man an Fahrrädern anbringen konnte. In diese hing man links und rechts je eine Kanne ein - und ab zu den Kühen - mit vollen Kannen zurück!

 

  • Traghölzer waren vereinzelt noch in Gebrauch. An sie hing man links und rechts je einen emalierten Eimer. Um die Milch am überschwappen zu hindern, zu beruhigen, legte man eine Holzscheibe auf die Milch.

 

  • Ein Teil der Milch wurde auf dem Hof verwendet bzw. verarbeitet. Einerseits zum Versorgen der Kälber, die ja früh vom Muttertier getrennt wurden / werden, und auch zur Herstellung der Butter nötig war.

 

  • Ein besonderes Produkt war ein "Käse" der aus der ersten Milch (Beestmelk) nach dem Kalben hergestellt wurde. Das genaue Verfahren kenne ich nicht. Aber der "Käse" war recht weiß, poorig, schnittfest und wurde auf Vorrat in Gläser eingekocht.

 

  • Einschub:

 

    • in der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg brachten Frauen von Mittelsbüren 19 Eier und Butter direkt zu den Kunden in Bremen. Die Butter war auf dem Hof mit Muskelkraft hergestellt worden. Kaufmännisch gesehen sicher ein Verlustgeschäft. Durch diese Einnahmen mußte die Bäuerin die Kosten ihres Arbeitsbereiches hereinholen - sie hätten wohl auch aus der Landwirschaft bestritten werden können!

 

  • Man fuhr mit der Straßenbahn bis zur Nordstraße um dort die ersten Kunden zu beliefern. Zu Fuß ging es bis ins Ostertor / Steintor weiter. Im Herbst wurden Äpfel aus der hoféigenen Ernte an Privathaushalte geliefert. Allerdings nutzte man zum Transport ein Fuhrwerk. Man lagerte die Äpfel ins Regal der Kunden selbst ein. Der Hof Mittelsbüren 19 verfügte über ca. 120 Apfelbäume, der größte Teil davon im Deichvorland.

 

  • Man hielt auch Schafe. Diese dienten in erster Linie der "Wollernte" Die gewonnene Wolle wurde zu bekannten Händlern gebracht und von ihnen in bereits gesponnene, strickfertige getauscht. Spinnabende gab es nach WK II nicht mehr. Was nicht heißt, die Frauen könnten nur so auf den nächsten Tag warten, nein sie strickten - Strümfe, Pullover, Handschube etc.

 

  • Pferde, als privilegierte Tiere in der bäuerlichen Wirtschaft, hatten je eine eigene Box mit ständigem Vorat an Heu. Die Pferde entnahmen das Heu aus einer Raufe, sie konnten sich in dem, immer noch kleinen Raum etwas "die Beine vertreten". Wasser gab es zu bestimmten Zeiten aus sauberen Eimern. Die Pferde selbst legten angeblich großen Wert auf einwandfreies Wasser. Verschmutztes verweigerten sie, so sagte man.

 

  • Beim versorgen der Pferde war Vorsicht zu empfehlen. Einige Pferde mochten es nicht, wenn hinter ihnen etwas geschah. Ein solches Pferd schlug schon mal mit den Hufen aus, was tötliche Verletzungen zur Folge haben konnte.

 

  • Schweine brachten in überschaubaren Abläufen Geld. Sobald sie das Schlachtgewicht erreicht hatten, wurden sie verkauft. Das "fettmachen" d.h. die Fütterung bis zur Schlachtreife (ca. 100 Kg, lebend) dauerte seinerzeit ca. 6 Monate. Neben Mehl, Rüben, gekochten Kartoffeln etc. bekamen die Schweine auch den Inhalt der Drangtonne verabreicht. Das Futter war stehts wässerig, es wurde in Trögen = Trog den Schweinen vorgegeben. Die Kartoffeln wurden in großen Mengen im Waschkessel oder Kartoffeldaempfer gegart.

 

  • Über den Trögen war längs-mittig eine Klappe, an einem ca. 5 cm starkem Rohr aufgehängt. Die Klappe wurde zum Futter vorgeben bzw. wenn die Schweine an der Futteraufnahme gehindert werden sollten, nach hinten geschwenkt. Die jeweilige Stellung der Klappe sicherte ein Schieber. Neben dem Trog war eine schmale Tür angebracht. Durch diese Tür wurde der Mist herausgeschafft, die Schweine in die Box hinein- bzw. heraus getrieben. Die Schweine lagerte auf hölzenern Pritschen. Stroh wurde eher sparsam gegeben. Der Boden hatte Gefälle, so dass sich die Fäkalien in hinterem Bereich sammelten. Die Fäkalien waren von dünnbreiiger Konsistens, was wohl auch durch das wässerige Futter begründet war.

 

  • Einen Teil der Schweine brachte man im Frühjahr auf vom Hof recht weit entfernte Weiden, wo sie weitgehend sich selbst überlassen waren. Man schaute dann und wann, ob noch alles in Ordnung sei. Auch fütterte man bedarfweise zu. Im Herbst machten sich die Tiere selbständig auf den Weg "nach Hause", angelockt vom Fallobst der zahlreichen Apfelbäume auf Mb 19.

 

  • Wildschweine hielten sich zeitweise im Werderland auf. Es hieß. dass sie die umliegenden Flüsse durchschwammen. So kam es dass eine Sau Mischlings-Ferkel von grauer Hautfarbe, kräftiger Behaarung und mit ausgeprägten Eckzähnen mit "nach Hause" brachte.

 

  • Hausschwein-Eber waren nicht auf den Weiden, da in einem Dorf meißt nur ein gekörter (zur Zucht zugelssener) Eber gehalten wurde. Dieser Eber lebte seine Dienstzeit bei seinem Bauer und stand ständig zur Verfügung. Als männliche Schweine geborene Ferkel wurden ansonsten sehr früh kastriert. Was Gründe im Erhalt des Zuchtstandards, des, weiblichen Schweinen gleichwertigen Masterfolges und entsprechender Fleischqualität, sowie einem friedvollerem Verhalten hatte/hat.

 

  • Eine Anekdote:
    • Ein Bauer kam mit einer läufigen Sau zu dem den Eber haltenden Bauern. Zunächst ging man auf einen Schnack ins Haus. In dieser Zeit kam ein anderer Bauer mit dem gleichen Anliegen auf den Hof. Da er sah, dass er zweiter war und das Besamungergebnis beim 2. Sprung des Ebers eventuell ungünstig wäre, bracht er die Tiere schon mal zusammen und ging dann ins Haus. Dort verkündete er, dass der Deckakt erledigt sei und zahlte das Deckgeld. Solch ein Verhalten verstieß gegen den Kodex des bäuerlichen Lebens. Das Ergebnis: Die Sau mit dem Erstsprung warf ein Ferkel. Die "benachteiligte" Sau dagegen hatte 7 Ferkel. Eine Reihe spöttischer Bemerkungen gab's darauf im Dorf.

 

  • Für den Eigenbedarf wurden in der kühlen Jahreszeit Schweine im Rahmen einer sogenannten Hausschlachtung auf dem Hof geschlachtet.

  • GH = Text
  • RM = Bilder

 

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