Chronik des verstorbenen Burgdammers Walter Schnier
Frei nach der Chronik des verstorbenen Burgdammers Walter Schnier
„Mein Lebensraum im alten Burgdamm“
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Walter Schnier wohnte in der Bremerhavener Heerstrasse 12 in Bremen-Burgdamm. Er hat drei Chroniken im Eigenvertrieb herausgegeben, die sehr lesenswert und informativ über Burgdamm und deren Bewohner berichten. Leider sind diese nur noch durch Zufall zu kaufen oder in Leihbüchereien zu erhalten.
Als Burgdammer musste man einen Fussmarsch nach Burg machen, um die Strassenbahn Linie 8 zu erreichen, um in der Stadt zum Einkaufen zu fahren. Der Burglesumer Bahnhof war zwar näher gelegen, aber für das Nahziel Bremen benutzte man nicht die Eisenbahn sondern die preisgünstigere Strassenbahn. Einen öffentlichen Nahverkehr gab es damals noch nicht, daher waren Fussmärsche angesagt. Die Strasse von Burgdamm nach Burg war von grossen Linden gesäumt. Die Eisenbahn überquerte diese Strasse, wenn sich ein Zug näherte, wurde die Schranke geschlossen. Man hatte freie Sicht nach Lesumbrok, bis man an eine Ziegelsteinmauer kam, dort begann das Grundstück Bremer Heerstrasse 20. Es gehörte zur „Bremer Wollwäscherei“, in dem Haus soll der Werksmeister Leboutte gewohnt haben. Der Ingenieur Fritz Coorssen erwarb es, später war es im Besitz der Molkerei-Union. Es folgt das Grundstück 18. Hier war das Transportunternehmen (Schwertransporte) von Johannesen, das über 3 Generationen bestand.
Am 10.1.1934 wurde auf dem Grundstück 16 die Molkereigenossenschaft Lesum-Burgdamm gegründet worden. Als zweites Standbein ist Anfang 1991 die Herstellung und der Vertrieb von „Lesumer Urquell“ hinzugenommen worden. 1985 war man in der Nähe der Molkerei in 150 m Tiefe auf das Wasservorkommen gestossen. Man hatte eigentlich Brauchwasser für den Betrieb der Kühlanlagen gesucht, dazu war diese Quelle aber mit 16° zu warm.
In dem Hause Nr. 12 befand sich über Jahrzehnte das von der Familie Karl Arand geführte Bahnhofsrestaurant. Auch dieses Gebäude wurde von der Molkerei-Union erworben und diente dann anderen Zwecken.
Wenn man die Burger Brücke überquerte, war rechts das Lokal „Villa Lesumblick“ (heute „Orpheas“, ein gemütliches griechisches Restaurant). Dieses Haus wurde 1773 errichtet, 1908 baulich total verändert. Es gehörte Freese, dem Besitzer der Stuhlrohrfabrik in Grambke. Der verkaufte es an die Familie Krauss. Die Gastronomie wurde von Helmut Krauss gefuehrt. Die Familie hatten auch einen gut florierenden Taxi-Betrieb. Durch Bombenteppiche, die in den Jahren 1943 / 1944 auf Burg-Grambke niedergingen, wurde das Hintrhaus stark beschädigt. Der Tanzsaal wurde nicht wieder aufgebaut.
Links neben „Villa Lesumblick“ – Burger Heerstrasse 48 – stand ein eineinhalb Meter tiefer gelegenes Wohn- und Geschäftshaus mit einem Fleischerladen. Die Inhaber waren Ernst Boes und Frau Grete. In dem Haus befand sich auch eine Obst- und Gemüsehandlung, die von Gustav Ziegler geführt wurde. Hinter diesen Grundstücken lag das Furnierwerk der Familie Bosse (vorher Schiffsbau Bosse)
In etwa 90 Jahren sind hier 160 Schiffe vom Stapel gelaufen). Als der Segelschiffbau durch das Aufkommen immer grösserer Dampfschiffe an Bedeutung verlor,, gelang es der Familie Bosse, den Betrieb in eine Dampfsägerei umzusandeln. Durch ein Grossfeuer wurde das Werk 1902 völlig vernichtet. Nach dem Wiederaufbau wurde allmählich die Produktion von Furnieren aufgenommen. Durch ständige Modernisierung errang das Furnierwerk der Familie Bosse einen guten Platz innerhalb der Furnkierindustrie. In den guten Zeiten wurden hier bis zu 80 Mitarbeiter beschäftigt. Allmählich begannen die Herkunftsländer exotischer Hölzer selbst mit der Herstellung von Furnieren. Aufgrund der dort geringeren Lohnkosten wurde die Ware auf dem Weltmarkt damit konkurrenzlos billig. Die 200jährige Tradition in der Holzverarbeitung endete für den Familienbetrieb Bosse im Jahre 1988.
Am Anfang der Grambkermoorer Landstrasse war die Endstation der Linie 8. Das Rangiergelände reichte in etwa bis an den Eisenbahndamm. Für die wartenden Fahrgäste war ein verklinkertes Wartehäuschen vorhanden. Schmierereien an den Wänden wie heute üblich gab es damals nicht. Die Linie Gröpelingen – Burg wurde am 22.6.1903 in Betrieb genommen. In den ersten Jahren endete die Fahrt vor dem jetzigen „Deutschen Haus“. Es wurde die Antriebskurbel umgesteckt, und die Reise ging über die 6 km lange eingleisige Strecke zurück. Die entgegenkommende Bahn musste auf einem eingerichten Nebengleis warten bis die Strecke frei war. Das erste Wartegleis war bei der Grambker Schule. Später wurde zu den Verkehrsspitzenzeiten ein Anhänger angekoppelt. Es hatten dann 3 Bedienstete eine Beschäftigung: 1 Fahrer, 2 Schaffnerinnen bzw. Schaffner. Fahrpreis: Erwachsene 20 Pfennig, Kinder 10 Pfennig.
Die Wagen waren mit zwei langen Holzbänken ausgestattet. Man sass sich also gegenüber. Zwischen den Bänken und auf dem Vorder- und Hinterflur (Perron) waren die Stehplätze. Wollte man aussteigen, musste man „nächste bitte“ rufen. Dann zog die Schaffnerin zweimal kräftig an der Leine, die längs durch den Wagen verlief und gab dem Fahrer damit das Haltesignal. Sollte die Fahrt weitergehen, wurde einmal gezogen. Wenn alte ausgefahrene Schienen passiert wurden, kam die Strassenbahn schon mal ins Schlingern, und es rappelten die Reklameschilder, die mit Ketten an den Fensterrahmen befestigt waren.
Gegenüber vom Restaurant „Lesumblick“ stand ein Toilettenhaus. Dahinter, parallel zum Deich befand sich das strohgedeckte Wohnhaus der Familie Hermann Rauer. Dieses Haus musste im Sommer 1945 weichen, als die hölzerne Behelfsbrücke gebaut wurde.
An dem Platz an der Endstation war ein Verkaufshäuschen, an dem Obst, Süssigkeiten und sommertags Eis am Stiel angeboten wurden, sehr verlockend für Kinder.
In den letzten Kriegstagen, Ende April 1945 wurde der Strassenbahnbetrieb eingestellt. Britische Pioniere räumten an der Endstation die erwähnten kleinen Häuschen weg. Es wurde Platz für die Zufahrt auf die Pontonbrücke und für die Lagerung des Materials, das bei dem Bau der Behelfsbrücke verwendet werden musste, benötigt.
Der Strassenbahnbetrieb der Linie 11 wurde am 9.7.1945 wieder aufgenommen. Es wurden jedoch nur Teilstrecken befahren. Die Haltestelle Hüttenstrasse war für viele Monate die Endstation. Die Strassenbahn nach Burg fuhr erst am den 5.10.1946 wieder, und zwar bis zum Haushaltswarengeschäft Böttcher gegenüber von Dr. Meyer-Burg.
Bei den damals noch engen Strassenverhältnissen war die Strassenbahn für die amerikanische Besatzung ein Ärgernis. Die grossen Trucks streiften mit ihren Funkantennen die Oberleitung und rissen, wg. ihrer Überbreite, die Handgriffe von den Bahnen ab. Die Militärregierung bewirkte schliesslich die Entstellung des Strassenbahnverkehrs. Es wurden ab 1.11.1949 Trolleybusse eingesetzt. Die Endstelle war nun er sog. Gummibahnhof Bremerhavener Heerstrasse, Ecke Kellerstrasse.
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