Das ist für "Zugereiste" in Bremen und umzu wichtig zu wissen, denn hier wird schließlich nachweislich seit 1545 öffentliches Grünkohl - Essen zelebriert. Wer in norddeutschen Gefilden also seine Zelte dauerhaft aufschlagen möchte, kommt am Grünkohl nicht vorbei. Allerdings aufgepasst: Beim Grünkohl - Essen kann man erstaunlicher Weise allerhand falsch machen - angefangen vom Erntezeitpunkt, über die Wahl der Wurst bis hin zum Benehmen auf einer Kohlfahrt.
"In den vergangenen Jahren hat sich in diesem Zusammenhang einiges geändert", weiß Ursel Drewes mit einem Lächeln auf den Lippen zu berichten. Seit 27 Jahren bereitet sie für ihre Gäste in Grambke das hier so beliebte grüne Gemüse. Die resolute Dame meint bei "Veränderungen" nicht wirklich das Rezept. "Früher haben wir auch noch die großen Kohl - Touren mit Musik ausgerichtet, das überlassen wir jetzt lieber den Großveranstaltern. "Denn, so Ursel Drewes, das seien doch nur noch "Massenabfertigungen" und hätten nicht wirklich etwas mit der Gemütlichkeit einer Kohl - Tour zu tun. "Kohlfahrt heißt doch das soziale Gefüge untereinander auf traditionelle Art zu pflegen", ist sich Drewes sicher. Vereine, Freunde, Arbeitskollegen oder Familienmitglieder, die nach einer zünftigen Wanderung bei norddeutschem "Schietwetter" in trauter Runde das deftige Essen zur Stärkung genießen.
"Mittlerweile haben wir uns auch wieder auf diese kleinen Gruppen zwischen zehn und 20 Personen verlegt. Ich bin nicht böse darum", weiß Ursel Drewes aus eigener Erfahrung. Eines hätte sich nämlich ganz erstaunlich verändert: "Die Gäste legen mehr Wert auf Qualität, das Niveau - auch beim zünftigen Grünkohl - Essen - ist deutlich höher." So gebe es im Anschluss zwar immer noch ein Verdauungsschnäpschen. "Statt Korn oder Roter wird hier dann aber eher Grappa oder Aquavit bevorzugt", berichtet Drewes. Selbst das Glas Rotwein zum grünen Gemüse sei kein Tabu - Bruch mehr. Obwohl dies noch eher selten sei.
Eines hätte sie darüber hinaus schon lange nicht mehr erlebt: "Gäste, die am nächsten Tag zu mir sagen: ’Komische Kohl - Tour, auf der es gar keinen Kohl gab.’ Die waren schon von der Wanderung so betrunken, dass sie vom anschließenden Essen gar nichts mehr mitbekommen haben." Diese Wandlung hat Ursel Drewes in ihrer Gaststätte bislang noch nicht bedauert. Wie die Fachfrau aus leidvoller Erfahrung weiß, reagiert nämlich ein alkoholgefüllter Magen auf nachfolgenden Grünkohl nicht immer gut. "Ich erzähle jetzt mal besser nicht, wie unsere Toiletten danach aussehen. Das darf sich jeder Mensch mit Fantasie selbst ausmalen", schmunzelt Drewes.
Dennoch: Ob mit Bier oder Rotwein, mit saftigem Kasseler, Pinkel oder Speck als Beilage - wer zum Grünkohl - Essen aufruft, der hat die überwiegende Zahl seiner norddeutschen Kollegen und Freunde auf seiner Seite. Das gilt selbst für arbeitsintensive Aufrufe, stellte gerade Arthur Paul fest. Sein Problem: Ein maroder Baum im Garten, der norddeutschen Stürmen nicht mehr lange Stand gehalten hätte und somit auch eine Gefahr für Nachbargrundstücke darstellte.Wie gut, dass "Mama Pauls" Grünkohl unter Freunden und Nachbarn so beliebt ist. Da standen nämlich gleich 14 Freunde zur "Baumfällaktion" parat. Der strömende Regen störte nicht wirklich, schließlich wartete zum Schluss das hausgemachte Gemüse. "So pflegen wir Norddeutschen eben Freundschaft", lachte Arthur Paul.
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