© Roland Scheitz
Ein menschenfressendes Müllmonster, eine Giftküche aus Abfall und ein Einkaufswagen voller Waffenschrott gehörten zu den Installationen, in denen Schulkinder aus Gröpelingen und Grambke ihre Kritik an der Wegwerfgesellschaft künstlerisch ausdrückten. Die jungen Umweltaktivisten präsentierten ihre Objekte einen Tag lang im Torhaus Nord.AVE·
Gröpelingen. Aus Abfallmaterialien neue Dinge erschaffen: Dafür gibt es das schöne neue Wort "Upcycling", und in Einrichtungmagazinen finden Interessierte dazu viele originelle Ideen. Auch 25 Schülerinnen und Schüler aus Gröpelingen und Grambke sammelten in ihrer Umgebung Müll und verarbeiteten ihn im Rahmen eines Kooperationsprojektes mit der Gröpelinger Recyclinginitiative zu ungewöhnlichen Kunstobjekten. Entstanden sind dabei kleine Mahnmale dessen, wie bedenkenlos die Wegwerfgesellschaft mit ihrem Überschuss umgeht. Denn die Kinder hatten ihre Rohmaterialien an Orten gesammelt, wo sie wirklich nicht hingehören.
Nicht im grünen Bereich
Annika, zehn Jahre, und Semija, neun Jahre, waren mit ihrer Schulklasse und Lehrer Dietmar Glander im idyllischen Föhrenbrok in Grambke unterwegs. Was sie dort auffanden, war überhaupt nicht im grünen Bereich: Denn außer zur Naherholung wird das Gebiet auch als illegale Müllkippe genutzt. "Das kann man doch nicht einfach machen, das ist Umweltverschmutzung!", lautete Annikas entrüsteter Kommentar dazu. Für das Kunst- und Umweltprojekt verarbeiteten die beiden Viertklässlerinnen der Grambker Schule einen rostigen Herdaufsatz, Teile einer Kaffeemaschine, einige Alutöpfe und einen lädierten Keramikbecher zu einer gut ausgestatteten "Giftküche".
Mit kritischem Blick erschufen die Kinder auch einen "Recycling-Roboter", ein "Müll-Radio" und einen "Müll-Baum". Das Objekt "Müll-Mafia" machte anschaulich, dass sich mit Müll auch viel Geld verdienen lässt. Sophie, 13 Jahre, und Sinem, elf Jahre, aus der Neuen Oberschule Gröpelingen bauten in der Gröpelinger Truppe von Kunstlehrerin Sibel Yildiz aus einem Plastikeimer, Kabel- und Seilresten und allerlei anderen Gröpelinger Fundstücken ein "Müllmonster": Aus dessen offenem Maul hängt ein mit Draht gefesseltes Puppenkind, und die ebenfalls gefesselten Eltern – Barbie und Ken – sind offenbar als nächstes dran, verspeist zu werden. "Das sieht schon brutal aus", wusste Sophie. "Aber es ist ja auch brutal, Müll einfach wegzuschmeißen."
"Cache-in/Trash-out" nannte sich die kleine Galerie des Mülls, die einen Tag lang im Torhaus Nord ausgestellt wurde und nun zurück an die beiden Schulen gewandert ist. Der Begriff stammt aus der Geocacher-Szene, in der es üblich ist, Müll, der von anderen zurückgelassen wird, einzusammeln und umweltgerecht zu entsorgen. In dem Schulprojekt, das von der Bingo-Umweltlotterie gefördert wurde und für das die Gröpelinger Recycling-Initiative mit der Neuen Oberschule Gröpelingen und der Grambker Schule kooperierte, lernten die Kinder viel über den Umgang mit Müll und dessen Vermeidung, erzählten die Projektbetreuerinnen Birthe Brandes und Petra Molz.
Bei den Exkursionen in ihrer Umgebung, vor allem aber auch in den Gesprächen, die sich während der Arbeit an den Objekten entwickelten. Zum Beispiel, dass, wer Plastik und Chemikalien in der Natur entsorgt, die Umwelt vergiftet: "Erst sterben die Pflanzen und Tiere, und dann werden die Menschen krank", warnte beispielsweise Sophie.
Oguzhan, zwölf Jahre, nutzte das Projekt, um auf ein ganz persönliches Anliegen aufmerksam zu machen. Seine Installation bestand aus einem Einkaufswagen, gefüllt mit Gewehren und Bomben, die er aus Holz-, Metall- und Plastikresten aufwändig zusammengezimmert hatte. Der Gröpelinger Oberschüler wünscht sich in einer bestimmten Hinsicht sogar zusätzlichen Abfall: "Ich möchte, dass alle Waffen auf der Welt weggeworfen werden", erklärte Oguzhan. "Uns geht es hier so gut, aber in Afrika verhungern die Kinder. Gleichzeitig werden Millionen für Waffen ausgegeben." Das, sagt er, "nervt mich schon immer", und es sei höchste Zeit, dass die Menschen auch daran einmal denken.
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