Weser-Kurier vom - 08.03.2012
Grambke. Frei lebende Katzen gibt es nur, weil ihre Besitzer die Tiere nicht kastrieren und sie sich so unkontrolliert ausbreiten - da ist sich Ilse Duhr sicher. Die Vorsitzende der Katzenhilfe freut sich zwar, dass Bremen seit Mai 2011 wie andere Städte eine generelle Kastrationspflicht für Katzen eingeführt hat. Nur gibt es einen Haken: "Es wurden zunächst auch viele Katzen ausgesetzt, weil manche Besitzer kein Geld für die Kastration hatten." Über 800 Katzen hat der Verein im vergangenen Jahr aufgenommen. Viele hatten in der Prägephase keinen Kontakt zu Menschen. Dadurch sinkt ihre Chance, in einer "Pflegefamilie" unterzukommen.
Ehrenamt und Privatleben sind bei Duhr mittlerweile verschmolzen: Hinter ihrem Privathaus in Grambke befindet sich das Vereinsgeländeder Katzenhilfe. "Den Erweiterungsbau für die Katzen hat mein Mann aus Liebe zu mir auf eigene Kosten gebaut", sagt Duhr, die mittlerweile verwitwet ist. Drei beheizte Räume mit Käfigen stehen bereit, um Katzen aufzunehmen. "Jeder hat hier sein eigenes Zimmer", erklärt Duhr die voneinander getrennten Käfige. Manche wollten aber gar nicht rauskommen.
Doch es gibt auch Katzen, die in ihrer Gewöhnung an Menschen schon ein Stück weiter sind: Sie streunen neugierig durch die Räume und wagen auch einen Schritt ins Außengehege. Zwischen einigen Katzen entwickele sich sogar eine Art Freundschaft, meint Duhr. Diese könnten nur zusammen abgegeben werden. "Wir müssen sehr viel waschen", berichtet Ilse Duhr, "bei so vielen Katzen auf engem Raum haben wir ständig mit der Säuberung zu tun."
Unterstützt wird die Grambkerin dabei von Ehrenamtlichen und Ein-Euro-Kräften. Der Verein, der im Stadtgebiet an die 500 Katzen betreut, hat mittlerweile über 500 Mitglieder. Besonders wichtig ist Ilse Duhr, dass die Spenden direkt den Tieren zugute kommen. "Das Geld gehört den Katzen." Für kranke Katzen gibt es einen Quarantäneschrank, in dem die Tiere isoliert gehalten werden. Auch für Jungkatzen hat die Grambkerin eine Ausrüstung parat: In einem Vitrinenschrank stehen Babyflaschen zum Füttern bereit.
Um die 40 Anrufe bekommt die Vorsitzende der Bremer Katzenhilfe jeden Tag. Von hilfesuchenden Menschen, die streunende Katzen gesichtet haben, oder von hilfsbereiten Menschen, die gerne ein Tier aufnehmen möchten. Bis zu einer erfolgreichen Vermittlung ist es allerdings ein langer Weg. Zunächst müssen Tiere, die verwahrlost und ausgehungert sind, eingefangen und vom Tierarzt untersucht werden.
Dann beginnt der schwierigste Part: Die verängstigten Tiere sollen an den Kontakt mit Menschen gewöhnt werden. Die Zähmung beginnt mit einem dicken Handschuh. "Diese Kleine hier macht schon Fortschritte", findet Duhr, während sie mit dem Lederhandschuh in den Käfig greift. Als Reaktion erntet sie zunächst ein lautes Fauchen und ausgefahrene Krallen. Doch einige Augenblicke später lässt sich die Jungkatze über den Kopf streicheln. "Nicht alle Katzen kann man zähmen", sagt Duhr, "manche werden wieder ausgewildert." Zum Beispiel auf einem Grambker Bauernhof. Einmal täglich werden sie von einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin gefüttert. Drei Katzen, die nicht vermittelbar sind, haben es in Ilse Duhrs Privathaus geschafft. "Die gebe ich nicht her."
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