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Grönlandfahrer

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  • Die Grönlandfahrt war ehedem ein Zweig der Schiffahrt, der auch bei uns grünte und blühte. Seit etwa 1620 stand die Walfischjagd der Hanseaten hoch in Blüte. Ja, Bremen erhielt 1622 gar ein dänisches Privileg für die Grönlandfahrt. Für Bremen kam im 18. Jahrhundert eine Zeit des Rückganges, der ein erneuter Aufschwung seit 1765 folgte.

  • Noch erinnern einige Walfischunterkiefer als Torbögen an Garteneingängen (siehe Lesumbrok) bei den Häusern ehemaliger Kommandeure oder Steuerleute an jene Blütezeit der Grönlandsfahrt und melden dunkle Kunde von jener romantischen Nordlandsjagd.

  • Kaum war der Februar ins Land gezogen, so wurde in den Häusern, aus denen Vater oder Sohn auf die Grönlandsfahrt wollte, alles dafür gerütet. Der Schneider wurde ins Haus genommen und mußte für warme, dauerhafte Kleidung sorgen, der Schuhmacher mußte derbe Stiefel anfertigen, die Frauen strickten Strümpfe und Handschuhe aus selbstgesponnener Wolle. Dann kam der Tag der Anmaldung, die der Kommandeur am Ort entgegennahm. Ende Februar folgte die Anwerbung, die für die Leute aus hiesiger Gegend in Bremen, in Schönebeck oder im Schützenhof in Aumund stattfand.

  • Dabei wurde die Musterrolle (von Musterung) aufgesetzt, die einen genauen Vertrag und eine Liste der ganzen Besatzung enthielt. Aus einer solchen Musterrolle sei folgendes Bemerkenswertes mitgeteilt:
    • "§ 2. Wir bekennen, von unsern bedungenen Monatsgeldern Jeder für einen Monat erhalten zu haben und werden die Monatsgelder ihren Anfang nehmen von dem Tage an, da wir in See kommen und sich endigen, wenn wir von dem Kommandeur oder dessen Rheder denAbschied erhalten. Wir Partfahrer (=hatten Anteil am Fang) aber bekennen,unser bedungenes Handgeld empfangen zu haben, womit wir zufrieden sind, und wollen wir übrigens abwarten, ob und welcher Segen uns wird erteilt werden.
    • § 7. Der Kommandeur verpflichtet sich, der Manschaft die gewöhnliche Ration, für jeden wöchentlich vier Pfund gesalzenes Fleisch, ein Pfund geräuchertes oder ein und ein halbes Pfund gesalzenes Speck, ein Pfund Butter und sechs Pfund Brot zu verabreichen."

  • Die Mannschaft verspricht, mit obigen Rationen zufrieden zu sein.
    • "§8. Wer sich nicht zum Gottesdienst einfindet, soll mit 24 Groten bestraft werden."

  • In §12 wurden besondere Belohnungen bei gutem Fang in Aussicht gestellt.

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  • Etwa 50 bis 60 Mann wurden angemustert, darunter auch ein Arzt. Der Kommandeur erhielt in der Regel 100 Rtlr. Handgeld und 4 % vom Fang, der Steuermann 60 Rtlr. Handgeld und 20 - 30 Stüver (ein Stüver etwa 2 Groten; diese Münze ist in zwei Zahllisten von 1866 und 1867 der Berechnung zugrunde gelegt) je Faß des gewonnenen Trans. Der nächste Offizier war der Speckschneider. Er erhielt 48 Rtlr. Handgeld und 19 Stüver pro Faß. Dann folgen Speckschneidersmaat und der Bootsmann je mit 45 Rtlr. und 19 Stüver, der Oberzimmermann mit 40 Rtlr. und 18 Stüver, der Oberküper mit 37 1/² Rtlr. und 18 Stüver, usw. ..

  • Nachdem so die Musterrolle aufgeteilt und von der ganzen Besatzung unterzeichnet war, wurden die Kommandeure und Steuerleute vom Reeder zu einer feierlichen Mahlzeit eingeladen, während das übrige Schiffsvolk sich bei Tanz und Spiel auf eigene Hand ergötzte.

  • Daheim waren inswischen die Sachen gepackt. Obgleich der Reeder, wie wir sahen, die Verpflegung übernahm, versorgte sich jeder noch besonders mit Backwaren, eingemachtem Gemüse, Kartoffeln, Wurst und Eiern. Letztere wurden auch aus der Nachbarschaft beigesteuert. Dafür erhielten die Lieferanten bei der Rückkehr eine Flasche Tran, der ja damals in jedem Hause für Krüsel und Stiefel unentbehrlich war.

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  • Am 1. März, in späteren Jahren auch schon früher, mußte alles an Bord sein, und dann ging die Fahrt los. Eine Zeitlang fuhren 10 bis 12 Schiffe von der Weser aus auf Grönland, die kleineren darunter nur auf Robbenfang. Die Hinreise dauerte in der Regel 8 bis 14 Tage bei günstigem Winde. Setzte Sturm und Schneetreiben ein, dann war es mit der Romantik der Grönlandsfahrt nicht weit her, und mancher Binnenländer, denn auch Lipper und andere Leute aus dem "Oberlande" waren zuweilen unter der Besatzung, wenn auch die meisten aus dem Hannoverschen, Oldenburischen oder Bremischen stammten, mochte wohl seine Jagdlust verwünschen. Es ist auch vorgekommen, daß ein Schiff bereits nach acht Tagen an das Eis gelangte, so das Schiff, das 1851 eine Reise machte. Man hatte auch das Glück, nach wenigen Wochen 7000 Robben und einen Walfisch zu erlegen. Jeder Mann der Besatzung freute sich auf den guten Verdienst. Da geriet das Schiff am 14. und 15. Mai in schweres Eis und wurde durch dessen Schraubungen völlig zerschnitten. Die Besatzung mußte es verlassen und sich über das Eis auf andere Grönlandsfahrer, die in der Nähe lagen, retten. Mancher verlor dabei seine ganze mitgebrachte Habe. Derartige Schiffsverluste ereigneten sich nicht selten. Aber das Leben war doch wenigstens gerettet.
Vom Leben der Walfänger
  • Auf hoher See bereiteten Unwetter und Kälte den Seeleuten die größten Strapazen. Daran hatte sich auch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts nicht viel geändert; denn einem Reisebericht von Kurt Faber entnehmen wir die folgenden Zeilen:

  • "Von Schlafen war fast keine Rede; denn unten im Mannschaftsraum sah es noch schlimmer aus wie draußen auf Deck. Dunkel und dumpf war es dort unten, wie in einem Kellergewölbe. Ächzende, stöhnende und krachende Laute erfüllten die Luft und das heulen des Windes hörte sich unheimlicher an wie draußen im Freien. Überall tropfte und rieselte das Wasser durch die Ritzen des undichten Decks, floß in die Kojen und tropfte herunter in den großen, plätschernden, übelriechenden Teich, der die Stelle des Fußbodens ausfüllte. Bei jedem Überholen des Schiffes schossen die schweren Seekisten polternd von einer Seite des Raumes zur anderen. Die neben den Kojen aufgehängten Kleider und das nasse Zeug pendelten platschend hin und her. Meist war es auch ganz dunkel in dieser Höhle, denn der kümmerlichen Lampe wurde alle Augenblicke durch das herunterrieselnde Wasser das bißchen Lebenslicht ausgeblasen".

  • Auf engstem Raum auf einem Schiff, dass eigentlich für eine Besatzungsstärke von 10 bis 12 Mann ausgelegt war, teilten sich ca. 45 Seeleute den vorhandenen Platz. In der Regel schliefen die Besatzungen in Hängematten, waren aber Kojen vorhanden, mussten sich drei Matrosen zwei Kojen teilen - einer von Ihnen war ohnehin immer auf Wache. Auch beim Essen setzten sich solche Einschränkungen fort: Mit Ausnahme der Offiziere saß man nicht an Tischen, sondern nahm seine Speisen liegend oder sitzend auf dem Fußboden zu sich, den Teller und den Löffel in der Hand. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Seeleute unter diesen Bedingungen an Läusen und Flöhen litten. Auch ein Waschen der Kleider war nur in den seltensten Fällen möglich. Das muss wohl besonders schlimm gewesen sein, wenn man folgenden Bericht eines »Chirurgen« hört: "Es darf kein Mensch aufm Schiff seinen Behuf (Notdurft) tun, es sei denn, daß er sehr krank ist, sondern muss hinaus auf den Schiffborden treten, mit einer Hand die Hosen und mit der anderen ein festgemachtes Tau, sich anzuhalten, ergreifen, obgleich das Schiff im vollen Segeln hin- und herschwankt". (Außerdem befindet sich das Schiff während der Fangfahrt in den kalten Polarregionen).
Bilder von Bord der Prinz-Willem

Hier eine Kollage, auf dem das Mannschaftsdeck der "Prinz-Willem" zu sehen ist. Verdammt schief war es und ziemlich eng muss es da zugegangen sein... immerhin waren damals 250 Mann Besatzung an Bord!

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