"Werdegänge" lautete der Titel des Projektes, zu dem sich sechs Besucher der Begegnungsstätte und zehn Schüler der Klasse 10c vom Förderzentrum Am Oslebshauser Park zusammentaten. Die Senioren berichteten über ihren Lebensweg, die jungen Leute von ihrem Leben heute, ihrem Alltag und ihren Berufszielen. Der Erfahrungsaustausch mündete in eine Theatervorstellung in der Begegnungsstätte. Zehn Wochen lang waren Alt und Jung einmal in der Woche im Treffpunkt in Grambke zusammengekommen, um miteinander zu reden und zu proben.
Betreut wurde das Projekt von Petra Friedenberger und Felix Quadflieg. Die Theaterpädagogen kannten die Klasse schon: Im Rahmen der Berufsorientierung in der Schule hatten sie mit den Schülern in Rollenspielen Bewerbungsgespräche geübt. Im Projekt mit den Senioren ging es darum, Lebenswelten und Wünsche damals und heute zu vergleichen. Alt und Jung stellten Gemeinsamkeiten fest. Etwa, dass einem nicht alles, was man möchte, einfach in den Schoß fällt. "Auch wir mussten früher kämpfen, um weiterzukommen", sagt Margrit Steinforth. Ihre Eltern, erzählt die 71-Jährige, wollten sie in der Bremer Wollkämmerei unterbringen. Die Tochter hatte andere Pläne. Auf eigene Faust suchte sich die junge Frau damals eine Lehrstelle als Einzelhandelskauffrau.
Zu kämpfen haben auch die Jugendlichen heute, erfuhren die Senioren. Viele wissen noch nicht, wie es nach der Schule weitergeht. "Sie sind für berufsvorbereitende Maßnahmen oder in der allgemeinen Berufsschule angemeldet, haben aber noch keine Zusage", weiß Klassenlehrerin Birgit Schmidt. So mancher träumt von einer Sportlerkarriere, erfuhren die verwunderten Senioren. Die holten die jungen Leute zurück auf den Teppich. "Wir haben ihnen gesagt, wie wichtig eine Ausbildung ist." Dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind und Pünktlichkeit wichtig ist. "Da muss die Jugend noch viel lernen", meint Margrit Steinforth.
Erstaunt vernahmen die älteren Semester auch, dass es fast alle jungen Leute ins Ausland zieht. "Das hat uns schon ein bisschen geschockt", meint Gunda Katenkamp (72). Weg aus Deutschland? Für Thea Steinforth und viele andere aus der Generation derer, die Deutschland nach dem Kriege aufbauten, stand das nie zur Diskussion.
Die gesammelten Erfahrungen wurden in einer szenischen Collage verarbeitet. Begleitet von "Flaschenmusik" der Jugendlichen, wurde ein Frauenleben der alten Schule dargestellt: Ehefrau, Mutter, Hausfrau, Rentnerin. Frühere Berufe der Senioren wie Kindergärtnerin, Altenpflegerin und Flugzeugbauer wurde in kleine Szenen verpackt. Pantomimische Standbilder setzten verschiedene Erfahrungen um: der erste Arbeitstag, die Freude über eine Lohnerhöhung, der Ruhestand, Besuch der Enkelkinder, aber auch Erinnerung.
Die AWO-Begegnungsstätte in Grambke und die Schule in Oslebshausen arbeiten nicht zum ersten Mal zusammen. In den vergangenen drei Jahren hat man unter anderem ein Kunst- und ein Fußballprojekt auf die Beine gestellt. Nach den Sommerferien wollen Senioren und Schüler im Rahmen des stadtweiten AWO-Projektes "Gesundissimo" gemeinsam kochen und speisen. Der Jugend soll vermittelt werden: Hausgemachtes schmeckt und gesund essen muss nicht teuer sein. An den gedeckten Tisch setzten sich auch die jungen und alten Teilnehmer des von der Waller Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft und aus dem Europäischen Sozialfonds geförderten Theaterprojekts: Jeden Mittwoch wurde gemeinsam gefrühstückt.