"Früher war die Scheune bis unters Dach mit Heu vollgestopft", weiß Bernhard Hoppe. Der 67-Jährige erinnert sich noch gut, wie man bis Mitte der 50-er Jahre mit Pferd und Wagen das Futter für Pferde und Rindvieh ankarrte, die man damals in großer Zahl auf der Hofstelle Wasserhorst 5 hielt. "Ich musste zusammen mit anderen in der Scheune das Heu flachtreten", erinnert sich Bernhard Hoppe an die Erntezeit von Ende Mai bis Juli.

"Die Scheune wurde hauptsächlich als Bansenraum zur Lagerung von Heu und Getreide genutzt", erzählt der Landwirt. So wie auf vielen anderen Höfen auch. Die Hoppes aus Wasserhorst können sich aber rühmen, dass ihre Scheune zwei Jahrhunderte lang wechselnde Zeiten und Stürme überstanden hat. Auf einem Eichenbalken rechts neben der Tür an der Nordseite prangt der Beweis: "BH BWM Anno 1807 D18.OT" ist dort zu lesen. Bernhard Hoppe erklärt, was die Kürzel bedeuten. "Ein Bauherr namens Berend Wurtmann errichtete die Scheune am 18. Oktober 1807."

Der erste Hoppe kam erst zwanzig Jahre später auf den Hof. Seband Hoppe aus Werschenrege, der 1827 Catharina Adelheid Hagens ehelichte und mit ihr auf dem Hof siedelte, bewirtschafte damals 41 Morgen, berichtet Georg Garbade in seiner Chronik "Heimatgeschichte des Blocklandes". Schon damals wird die Scheune Heu und Getreide beherbergt haben, vermutet Sebands Nachfahre Bernhard Hoppe. Unterm Reetdach wurde später neben Ackerwagen und Geräten auch eine Kutsche untergebracht. Sogar manch Hochzeits-Oldtimer wurde hier vor der Trauung geparkt. Irgendwann kam ein Jungvieh-Stall unters Dach.

1956 mussten Tiere und Trecker dem Auto weichen. Eine weißgekalkte Steinmauer trennt noch heute die damals gebaute Garage vom Rest der Scheune. Dass die einige Jahr als Raum für allerlei Gerümpel genutzt wurde, davon zeugen Hinterlassenschaften auf dem Garagendach. Auf einem Handwagen, landwirtschaftlichen Geräten und einem großen Weidenkorb lagert als dicke graue Schicht der Staub von Jahrzehnten.In einer Ecke lehnt ein Bündel Reet. Reserve für den Notfall. Seit 200 Jahren trotzt die 15 Meter lange und neun Meter breite Scheune Wind und Regen. Das geht selbst am robustesten Dach nicht spurlos vorüber. "Das Reet wird dünner", sagt Bernhard Hoppe. Vor allem an der Wetterseite im Osten reißt der Sturm immer mal wieder das Dach auf. "Der größte Schaden war ein zehn Quadratmeter großes Loch." Zur Zeit blitzt der Himmel nur durch einige kleine Gucklöcher. Die stopft Berhard Hoppe meist selber.

Das Reet mäht der Landwirt vor der Haustür auf den eigenen Ländereien oder den Gemeinschaftsflächen am Deich der Wümme, die sich hinter dem Hof schlängelt. "Das ungarische Reet, das die Dachdecker mitbringen, ist zu weich. Das hält nicht so gut."Nicht nur am Dach, auch an anderen Stellen haben Wind und Wetter nach 200 Jahren Spuren hinterlassen. Hier und dort bröckelt die Fassade aus Lehm und Dung zwischen den Eichenbalken des Ständerwerkes und legt das Weidengeflecht dahinter frei. Am großen Scheunentor im Süden hat deutlich sichtbar der Zahn der Zeit genagt. Ein Teil der Wand rechts und links musste Bernhard Hoppe vor einigen Jahren mit Steinen anheben. "Die Ständer waren bis auf den Grund abgesackt." Trotz allem: "Die Scheune trotzt dem Unwetter mehr als die jüngeren Hofgebäude", meint Maren Hoppe. Die 32jährige gelernte Landwirtin und Diplom-Ingenieurin für Landschaftsentwicklung leitet den bäuerlichen Betrieb seit 2005 in sechster Generation, unterstützt von ihren Eltern Bernhard und Hella Hoppe.

Mit der Tochter, einer begeisterten Westernreiterin, kamen die Pferde zurück auf den Hof. Neben den Ferienwohnungen, mit denen der Vollerwerbsbetrieb seit 2002 ein Zubrot verdient, unterhalten die Hoppes eine Pferdepension. Mutter Hella opferte dafür ihren Traum von einem Scheunencafé. "Der Umbau wäre zu kostspielig gewesen", sagt die Tochter. Vier Pensionspferde bewohnen jetzt mit Untermietern wie Zaunkönig, Schwalben und Eulen einen Teil der Scheune. Im anderen lagert, was anderswo keinen Platz mehr gefunden hat: alte Fahrräder, Gartenmöbel, kleine Werkzeuge, Regentonnen.

Fast hätte die Familie den 200jährigen Geburtstag ihrer Scheune versäumt. Dank Sohn Harm, der seine Eltern auf das denkwürdige Ereignis aufmerksam machte, wurde der Jahrestag am vergangenen Sonnabend auf dem Hoppeschen Hof mit Nachbarn gebührend gefeiert. Zu später Stunde flackerten 200 Teelichter draußen vor der Scheune.