"Für uns ist die Siedlung zur neuen Heimat geworden. Jeder hat im Laufe der Jahre zum schönen Aussehen der Straßen beigetragen", erzählt Rosemarie Merten. Sie kam vor 40 Jahren mit ihrem Mann Manfred Merten nach Grambke. Mit 20 weiteren Vertriebenen-Familien bezogen sie im September 1971 die neu errichteten Häuser, die für Landwirte aus ehemals deutschen Ostgebieten als so genannte "Nebenerwerbssiedlung" gebaut wurden. Die voll unterkellerten Häuser haben eine Wohnfläche von 70 Quadratmetern und jeweils eine Einliegerwohnung. "Durch die Vermietung konnten sich die Eigentümer einen Nebenerwerb sichern", erzählt Rosemarie Merten. Zusätzlich war vorgesehen, dass die Hausbesitzer auf den Grundstücken Obst und Gemüse für den Eigenbedarf und zum Weiterverkauf anbauten. Gerda und Werner Waage versorgen sich auch heute noch mit Gemüse aus dem eigenen Garten. "Wir bauen auch Wein an", verrät die Seniorin, die ursprünglich aus Westpreußen stammt. Wie auch die übrigen Bauherren, musste Gerda

Waage einen Vertriebenenausweis vorweisen, um eines der Häuser kaufen zu können. "20000 Mark haben wir damals bezahlt", erinnert sie sich. Aussuchen durfte sich das Ehepaar sein Haus dafür allerdings nicht. "Die wurden im Losverfahren an die Familien verteilt." Zum ersten Mal trafen sich die zukünftigen Hausbesitzer zu einer Vorbesprechung. "Wir kannten uns damals alle noch nicht. Bei dieser Versammlung haben wir dann erfahren, wie die Planung für die Siedlung überhaupt genau aussieht." Zudem stellte sich bei diesem Treffen heraus, dass die ursprünglich angesetzten Kosten für die zukünftigen Eigentümer höher ausfallen würden. "Da sind einige Bauherren wieder abgesprungen." Beim Richtfest bewunderten die Eigentümer dann erstmals die Rohbauten ihrer künftigen Eigenheime im Beisein des damaligen Bürgermeisters Hans Koschnick. Laut einem Zeitungsbericht von 1971 betonte der frühere Präsident des Senats zu diesem Anlass, dass die Vertriebenen und Flüchtlinge die Auswirkungen des

verlorenen Krieges besonders hart zu spüren bekommen hätten: Sie seien es, die der verstärkten Hilfe bedurft hätten und diese auch bekommen hätten.

Nachbarschaft hält zusammen

Nach dem Einzug investierten die Hausbesitzer viel Mühe und Arbeit in die Befestigung ihrer Grundstücke. "Wir hatten damals viele Probleme; die Grundstücke waren damals noch nicht angelegt und ständig hatten wir Überschwemmungen im Keller", erinnert sich Rosemarie Merten. Bei Problemen halfen sich die Anwohner gegenseitig. "Wenn einer Sand oder Erde bestellt hatte, kamen immer gleich zwei bis drei Nachbarn und halfen beim Abladen und Verteilen", nennt sie ein Beispiel. "Das hat uns zusammengeschweißt."

Familiäre Ereignisse wurden fortan häufig gemeinsam begangen, die Kinder spielten in den ersten Jahren zusammen auf der noch kaum befahrenen Straße. "Außerdem haben wir Kohlfahrten unternommen und das zehn- und zwanzigjährige Bestehen der Siedlung gefeiert." Mittlerweile ist die Gemeinschaft in der Siedlung nicht mehr ganz so eng. Zehn der 21 Häuser werden noch von den ursprünglichen Besitzern bewohnt, fünf wurden mittlerweile von der nächsten Generation übernommen, sechs inzwischen verkauft. "Trotzdem ist es immer noch ein schönes Wohnen hier", findet Gerda Waage.