Ausgrabungen in Grambke

Grambker Leckerbissen für Archäologen

Weser-Kurier vom 1.4.2004

Funde in Grambke könnten Aufschluss über bremische Siedlungsgeschichte geben


Für Laien ist es ein Loch im Boden. Und auch die Tonscherben erscheinen nicht spannend. Der Landesarchäologe Prof. Dr. Manfred Rech hingegen ist begeistert. Auf dem Gelände des Neubaugebietes an der Grambker Dorfstraße hat sein Team "für uns interessante und bedeutsame Funde" gemacht. Rech erhofft sich, damit eine Lücke in der Siedlungsgeschichte der Dörfer um Bremen schließen zu können.

Seit Wochen nimmt eine Gruppe von Männern und Frauen den Boden des Neubaugebietes "Meyerhof" an der Grambker Dorfstraße genau unter die Lupe. Jeder Millimeter der rund 4600 Quadratmeter großen Fläche wird untersucht. Erst danach dürfen dort Neubauten hochgezogen werden. Das Team des Landesarchäologen nimmt sich Fläche für Fläche vor, legt Schnitte an, entnimmt Bodenproben, gräbt Löcher, dokumentiert, zeichnet, fotografiert.

Gefunden wurden bisher Überreste von Haushaltsgeschirr, Pfostengruben von Häusern, die Aufschluss über Hausgrundrisse geben. Jetzt gab es den Durchbruch. Das Team legte eine Brunnenschacht aus dem 10. Jahrhundert nach Christi frei. Darin befanden sich "interessante Keramiken", freut sich Rech. Unter anderem die Reste einer seltenen Lava-Handmühle aus der Eifel und Webgewichte aus Ton.

Die Bedeutung der Funde für die Archäologen: "Wir erhoffen uns, nachweisen zu können, dass der Bereich um die Grambker Dorfstraße von der Völkerwanderung bis heute nonstop besiedelt war", erklärt Annette Siegmüller, Magister für Ur- und Frühgeschichte, Honorarkraft beim Landesarchäologen. Es gebe nämlich relativ wenig datiertes Material aus dem 10. und 11. Jahrhundert. Der Landesarchäologe glaubt, aufgrund der Funde Antworten für den gesamten bremischen Bereich finden zu können. Es gehe um die Frage, seit wann die Bremer Düne bewohnt sei. Er erhofft sich Aufschlüsse über den Siedlungsablauf seit dem ersten Jahrhundert nach Christi.

"Damit schließt sich eine Lücke", hieß es. Er geht noch weiter: Rech möchte mit den Funden zudem die Vermutung untermauern, dass die Friesen nach Abwanderung der Sachsen nach England über die Weser gegangen sind und die leeren bremischen Gebiete eingenommen und neu besiedelt haben. "Jetzt gibt es starke Indizien dafür." Man habe bestimmte Vorstellungen und Vermutungen, sich damit aber noch nicht so beschäftigt.

Allerdings gibt es zwischen Wunsch und Umsetzung noch ein ziemlich großes Problem, das gelöst werden muss. "Es ist schmerzlich, aber wir haben kein Geld mehr", bedauert Rech. Darum geht er davon aus, dass die Grambker Funde erst einmal im sowieso schon randvollem Magazin gelagert werden. Er hat aber die große Hoffnung, dass sich jemand findet, der im Rahmen einer Magisterarbeit die Auswertung übernimmt.

Geldmangel macht sich auch bei den Grabungsarbeiten bemerkbar. Für Annette Siegmüller endete unlängst die Arbeit, ihr Zeitvertrag ist ausgelaufen. Die weiteren Arbeiten leisten Jenny Braun, Magisterstudentin für Geschichte und Soziologie an der Universität Bremen, der Zivildienstleistende des Landesarchäologen, Stephan Kruse, sowie seit kurzem der Schülerpraktikant Rasmus Cloes. Sie werden noch eine Weile beschäftigt sein.