- In früheren Zeiten mußten nicht nur die Grambker nach Burg zur Kirche, sondern auch ihre Kinder dahin zur Schule gehen, ebenso die Kinder der Einwohner von Grambkermoor. Denn in der Burg stand die Küsterei ebenso wie Kirche und Pfarrhaus. Sind die Nachrichten über die Schule zur Burg auch dürftig genug, so läßt sich dieses doch mit Sicherheit behaupten. Denn es geht klar hervor aus der im alten Kirchen- Rechnungsbuch (von 1616) aufgeführten "Designatio (= Bezeichnung) der upkumpft unde geringen landerien so by der kosterie thor Borch gehorig". Da heißt es:
- "Jdt gebruketh der Koster thoe Borch einen hoff sampt der hoffstede, mith dren Koheweiden, dor moth he thor geborliker tidt den herden von spisen unde lohnen. Desselvigen vorgenaten sin de gemene wech na Tonnies Meyerhoves Hus unde Gerth Gercken. Noch anderth halff hundt How (=Heu) landes in den klenen Dickampe belegen, desselwigen Vorgenaten sin Hinrik Gerken unde Hinrik Poppen. So geven em jeder de Morsater einen guden hop howes. Ok so gewen eme de grammeker burlude jarlikes ein Jeder einen hocken hawern. So gifft eme ock jeder Bowman up Ostern einen groten, unde up Wynachten einen groten. Worde he up Ostern den Witten Dach (=den weißen Tag) entfangen, so entfangeth he nich den groten! Ock so gewen em de kötere unde bringsittere dorch dath ganze Carspel, ein Jeder up Ostern einen halben groten. Ock wen der Pastor einen krancken besochte, gewen se den koster (der den Pastor begleiten mußte) einen Groten. Vor den Doden tho verludengewen sei einen groten, unde vor dadt besingenth einen groten. Jß weinlich genoch."
- Dies Verzeichnis ist uns besonders deshalb wertvoll, weil daraus deutlich hervorgeht, daß das ganze damalige Kirchspiel zur Burg zur Besoldung des dortigen Küsters beitrug, also auch ohne Zweifel die Kinder zu ihm in die Schule schickte, soweit man es für nötig hielt und soweit der Zustand der Wege es ermöglichte. Wenigstens erfahren wir aus jener Zeit noch nichts über ein Schulhaus in Grambke. Das wird erst nach der Verlegung der Kirche dorthin erwähnt. Daß die Einkünfte des Burger Küsters, auch bei Hinzurechnung der Einnahme aus dem Schulgelde, sehr gering waren, geht auch mit ergreifender Deutlichkeit aus mehreren Bittschriften hervor, die uns aus jener Zeit erhalten sind.
- Über die Lehrtätigkeit des damaligen Küsters wird nichts berichtet; nur über seine Küsterpflichten erfahren wir etliches. Er hatte dem Pastor in seinen amtlichen Verrichtungen in der Kirche (Leitung des Gesanges) und bei der Seelsorge zur Seite zu Stehen, mußte die Uhr aufziehen und die Glocke läuten. Er hatte beim Gottesdienst mit dem Klingelbeutel die Armenpfennige einzusammeln. Doch wurde dies Geschäft 1650 den "Kirchgeschworenen selbst" übertragen, "weile eine Zeitthero, der Köster, in wehrender Predigt, mitt dem armenbeutel umbgegangen undt das gesamlete geltt, nicht allemahl, in dehm darfür auff dem Chor gefaßtem verschlossenen Block eingeworffen worden". Ferner hatte der Küster die Aufsicht über den Kirchhof zu führen, daß niemand Schweine, Schafe oder anderes Vieh auf denselben triebe, wie geschehen war, widrigenfalls das Vieh nach Bremen in das rote Kinderhaus gebracht werden solle. Auch dürfe sich niemand an den Steinen der Mauer, die den Kirchhof umgab, vergreifen. Auf dem Kirchhof hatte der Küster die Wege von Unkraut reinzuhalten. Für diese Mühen hatte er als Entgeld die Nutznießung des auf dem Kirchhof wachsenden Grases.
- Im Jahre 1622 klagt der Küster Bermann, er habe allmonatlich von der Kanzel bekanntmachen lassen, die Kirchspielleute sollten doch ihre Kinder in die Schule bringen;"sy scholten flytich in der christlichen erkanteniß Jesu Christi und Cathesimi instituert werden, wo ock im lesen und schriven, und was dortho vonnoden, datt ein Jeder scholte darmede thofreden sein; - Averst idt iß wenich dorop gefolgett." Er ersucht dann die Visitatoren, "die Herren wollen den Pastorn wo ock die kerckswaren dortho verordennen, datt sy wollen op die Schul upsich hebben und dieselvige visitieren." Er verspricht sich also von einer derartigen Aufsicht, wie sie 1823 planmäßig angeordnet wurde, guten Erfolg für seine Schule.
- 1654 wurde bekanntlich die Burg zerstört und auch das Schulhaus mit vernichtet.
- Zwei Jahre lang mochte niemand an die Wiederherstellung eines geordneten Unterrichts denken. Erst 1656 hat der Kirchgeschworene Tonjes Meyerhoff von den spärlichen Resten des Burger Kirchenvermögens "zur behueff des in Grammeke zue einer Schulen auff 2 Jar geheureten (= gemieteten) Hauses zue gestellet sieben Reichstaler".
- Das ist der Anfang der Schule zu Grambke.
- Einen Küster brauchte man nicht anzustellen, da ja keine Kirche da war. Den Unterricht der Kinder aber übernahm zunächst der Pastor, so gut oder schlecht es gehen wollte, und empfing dafür die geringen Küstereigefälle. 1670 aber ordneten die Visitatoren die Anstellung eines Schulmeisters an, als "zu unterweisung der Kinder in der Christlichen religion höchstnötig". "Und sollen die Kirchgeschworenen bedacht sein, ob nicht in Grambeke eine Wohnung oder Stube zu heuren, darin der Schulmeister Schule halten konne." Die Einrichtung eines Schulzimmers im Jahre 1656 scheint also nur für kurze Zeit Bestand gehabt zu haben. Erst 1674 wurde mit einem Kostenaufwand von 71 Rtlr. 71 1/2 Gr. ein Schulhaus hergerichtet, das man zu St. Jürgen gekauft hatte. Das Haus war ein Strohdachgebäude mit einer "Hendfaste". Aus dem Visitationsbericht von 1680 geht hervor, daß der neuangestellte Schullehrer eine vollständige Haushaltung führte. Er brauchte Heu, das ihm die Gemeinde einführen, er besaß einen Garten, den sie ihm umzäunen mußte, auch von einem Schweinestall ist 1681 die Rede. Aus dem betreffenden Bericht ist mancherlei über die damaligen Schulverhältnisse ersichtlich: "Wie der Küster über die gemeine, und diese über jenen geklaget, haben Wir einen Jeden seine pflicht zu beobachten ernstlich erinnert, und sonderlich die Eltern ermahnet, ihre Kinder fleißiger Zur schule, auch in specie die Knaben zur Leichbesingung mitzuschicken,mit dem andeuten, daß diejenigen, welche ihre Kinder Zur Schule nicht schicken würden, nicht allein gestraffet werden, sondern auch über dehm dem Küster seine gebühr schicken solten, Jmgleichen ist die Gemeine ermahnt, dem Küster sein gebühr vorbesingung der todten, und wegen der copulationen (= Eheschließungen) ohnweigerlich Zuentrichten, auch sonst mit einführung seines heues, bezaunung seines gartens, und anderen nothwendigkeiten behülflich zu sein, damit Er soviel beßer subsistiren (= bestehen), und zu unterwisung der Kinder mehr Zeit anwenden konne."
- Die Klagen über schlechten Schulbesuch der Kinder wiederholen sich beständig. So beschwert sich auch 1695 der Schulmeister in Grambke, daß die Eltern im Sommer auch die kleineren Kinder, die noch nicht bei der Arbeit helfen könnten, nicht einmal schickten. Die Visitatoren ermahnen die Eltern dazu, um dem Schulmeister sein Gehalt nicht zu schmälern. Wenigstens sollten sie, auch wenn sie die Kinder zu Hause ließen, das Schulgeld senden.
- Es ist anzunehmen, daß das 1674 eingerichtete Schulhaus dicht neben dem 1670 angelegten Kirchhof gestanden hat und somit dasselbe war, in dem bis 1825 Schule gehalten worden ist (das Strohdachhaus vor der Kirche, 1942 abgebrannt - jetzt ist dort der Gemeindeparkplatz). Denn 1709 hat man "auf dem Kirchhofe einen Soht (einen Ziehbrunnen) für die Kirche und den Schulmeister" aus vier großen Weinfässern machen lassen.
- Über die Entwicklung der Schulverhältnisse in unseren Gemeinden während des 18. Jahrhunderts wissen wir nichts Näheres. Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, daß von einer Entwicklung in jener Zeit überhaupt nicht geredet werden kann, vielmehr ein gewisser Stillstand eingetreten war.
- Im Jahre 1784 wurde, wie bereits ausgeführt, die verödete Burg neu besiedelt, nachdem die Burgschanze geschleift worden war. Die hannoversche Regierung wandte auch den Kindern der neuen Anbauer ihre Fürsorge zu und stellte das stehengebliebene vormalige Wachthaus als Wohnung für einen Schullehrer und als Schulhaus zur Verfügung. Es scheint aber nicht gelungen zu sein, dauernd einen Lehrer zu gewinnen, wahrscheinlich wegen der großen Dürftigkeit der Einnahme. Denn im Jahre 1791 schreibt der Besitzer des Hohenkamps, Kaufmann J. Eb. von Hoorn, an den Amtmann in Osterholz: "Der Herr Amtmann wissen, wie sehr ich wünsche, daß die Kinder der Anbauer (in Burg) bei Zeiten zu brauchbaren, gesitteten, christlichen Menschen erzogen würden. Dazu zeiget sich aber bei den mehrsten leider noch gar keine Hoffnung. Erwachsene Kinder lauffen z.T. wild umher, und kennen keinen Buchstaben. Ich bin also auf den Gedanken gekommen, 200 Rtlr. dem Amt Osterholz zuzustellen und von den Zinsen dieses kleinen Kapitals einen Winter - Schulmeister zu salariren (= bezahlen). Die Beköstigung dieses kleinen Schulmonarchen aber müssen die Anbauer übernehmen." Durch dieses Geschenk wollte sich von Hoorn zugleich den Burgern für Einräumung eines Fußweges über ihre Weide nach dem Hohenkamp erkenntlich erweisen.
- Das Konsistorium in Stade nahm das Geschenk an und sprach die Erwartung aus, daß die Burger jetzt einen eigenen Lehrer anstellen würden, während sie bisher notgedrungen ihre Kinder nach Lesum zur Schule schicken mußten, soweit es überhaupt geschah. Dabei wurde ihnen das Recht der freien Lehrerwahl zugesprochen, nur hatten sie den Erwählten dem Prediger in Lesum zur Prüfung vorzustellen.
- Aber noch haperte es mit dem Schulhause. Erst 1792 wurde mit Zustimmung der Regierung auf dem Schiffsbauplatz von Baas Bosse ein solches erbaut, wobei 50 Rtlr. von dem geschenkten Kapital verwandt wurden; der Rest von 150 Rtlr. wurde auf Zinsen gelegt. Diese und die Zinsen von einem zweiten Vermächtnis von 300 Rtlr., die Herr von Hoorn vor seinem 1802 erfolgten Tode vermachte, hat der Burger und späterhin der Grambker Lehrer bis zu einer Neuregelung der Lehrergehälter im Jahre 1873 regelmäßig als Teil des Gehalts bezogen. Im Jahre 1809 wurde nach längeren Verhandlungen auf Wunsch des Baas Bosse das ihm hinderliche Schulhaus außerhalb des Schiffsbauplatzes nach einem von ihm gegen Abtretung des bisherigen Schulgrundstücks zur Verfügung gestellten Platze verlegt und neugebaut (Lesumbroker Landstr. 4).
- Bei der letzten Kirchen- und Schulvisitation des Bürgermeisters Heineken in Mittelsbüren 1805 wurde festgestellt, daß zu jener Zeit in Grambke alle 1 1/2 Jahre Konfirmation stattfand. Schulpflichtig waren daselbst 30 - 40 Kinder, wovon aber nur wenige kamen, manche im ganzen Jahr kaum 3 Wochen. Schreiben lernten von ihnen 20 bis 30, das Rechnen 6 bis 8, aber nur Knaben, Mädchen gar nicht. Die Morsater pflegten damals willkürlich im Winter einen eigenen Schulmeister anzunehmen.
- Zu dieser Visitation konnte die Schule zur Burg nicht herangezogen werden, da die Burg damals noch kirchlich zu Hannover gehörte, wenn auch seit 1803 politisch bereits zu Bremen. Im übrigen aber war der Burger Lehrer als solcher den Visitatoren in Bremen unterstellt. Wohl wollten bei dem Anschluß die Burger das Recht behaupten, sich ihren Schullehrer selbst zu wählen. Sie standen aber davon ab, als die Visitatoren erklärten, daß sie einen Privatlehrer ihren Kindern immerhin wählen möchten, daß aber als öffentlicher Lehrer keiner anerkannt werde und er auf das Gehalt keinen Anspruch machen könne, wenn er nicht von den Visitatoren ernannt sei.
R.M.
Siehe auch: Schulwesen und Schulen und Ausbildung
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