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Deiche in Grambke


Die Deiche

Das ganze Niederungsgebiet um Bremen wird in Urkunden des 12. Jh. Oft als insula Bremensis, paludes, deserta bezeichnet, das heisst Insel, Sümpfe, Wüsteneien. Ungehindert konnten die Wasser der Weser, Lesum und Ochtum das niedriger gelegene Land überschwemmen und damit jede Kultivierung hemmen. Nur in den wenigen höher gelegenen Feldmarken konnte eine frühe Besiedlung einsetzen, indem man auf hohen Wurten Schutz für Mensch und Vieh suchte. Solange diese spärlichen Ansiedler nur von der Viehzucht lebten, boten diese Wurten ihnen genügenden Schutz. Um aber auch das ertragreichere Wintergetreide anbauen zu können, war die Anlage von hohen Winterdeichen unbedingt erforderlich.

Es dufte keine Strecke des Deiches geben, für die nicht einer der Bewohner verantwortlich war. Jedem war sein Anteil am Deich, sein „Pfand“ genau zugeteilt. Die Aufsicht führte der von der Deichgenossenschaft gewählte Deichgraf, der sie mit den Deichgeschworenen zusammen ausübte. Der Deichgraf war der vornehmste und angesehenste Mann im ganzen Deichverband.

Die Bedeutung der Deiche war unermesslich für Land und Bewohner. Deichfrevel wurde schwer bestraft . Bei Deicharbeiten durfte nicht geflucht, liederlich geschworen und gotteslästerliche oder ärgerliche Redengeführt werden. Wer nur Bäume, die zum Schutze des Deiches gepflanzt waren, beschädigte, dem wurde die Hand abgeschlagen, wer seinen Deich in schlechtem Zustand hielt, so dass dieser zum Verderben des Landes einbrach, der wurde lebendig mitsamt dem Holz und den Steinen seines Hauses darin bedeicht. Mutwillige und boshafter Beschädigungen am Deich brachten dem Täter den Verbrennungstod. Auch auf Widersetzlichkeit und Tätlichkeit gegen den Deichgrafen standen hohe Strafen.

Heute denken wir kaum noch an eine Deichbruchgefahr, die Deiche sind hoch und stark. Aber früher verging kaum ein Winter ohne Deichbrüche, Hochwasser- oder Sturmschäden. Alte Kirchenbücher und Akten im Archiv berichten von diesen Ereignissen und dem damit verbundenen Leid.

Die furchtbarste aller früheren und späteren Fluten, die unsere deutsche Nordseeküste heimgesucht hat, ist die sogenannte Allerheiligenflut am 1.11.1570, die sich von Calais bis Dänemark erstreckte und 100.000 Menschen das Leben gekostet haben soll. Dabei wurde die Ortschaft Niederbüren durch einen Deichbruch mit schwerem Eisgang heimgesucht, so dass das ganze Werderland überschwemmt wurde. Es sind viele Leute, alte und junge, erbärmlich ertrunken, weil es bei nachtschlafender Zeit geschah. Nur ein Haus blieb stehen. Der Schaden wurden von den Niederbürenern ausgebessert, ein Jahr später brach der Deich abermals, das ging über die Kräfte der kleinen Dorfschaft. Die Abtei Corvey (bei Höxter im Weserbergland), die schon mehrere Male ihre Meier in Niederbüren bei Deichbrüchen unterstützt hatte, konnte oder wollte diesmal nicht helfen. Da gaben die Niederbürener schweren Herzens auf. Sie steckten den Spaten in den zerstörten Deich und überliessen dem, der den Spaten zog, also die Wiederherstellung des Deiches übernahm, das Eigentumsrecht an ihren sämtlichen Ländereien. Sie erhielten so nach dem „Spatenrecht“ die ganze Feldmark Niederbüren zum Eigentum. Übrigens stellte sich die Erneuerung des Deiches weit teurer, als der Ankauf der ganzen Feldmark Niederbüren gekostet haben würde.

Damit die zum Teil geflüchteten, armen Bewohner von Niederbüren nicht völlig heimatlos würden, verschrieben ihnen die 5 Dörfer je eine Anbaustelle (Kohlhof) und etwas Grasland wieder zu Meierrecht. So entstand das ursprünglich von sechs, später von acht Kötnern bewohnte neue Dorf Niederbüren. Die sechs Kötner erhielten auch einige Teile der Feldmark, die mit Sand überschwemmt waren, zur gemeinschaftlichen Benutzung. Es wurde ihnen gegen Entgelt die Unterhaltung einer gewissen Strecke des Deiches übertragen.

Niederbüren blieb auf lange Zeit hinaus ein armes Dorf. Die landwirtschaftlichen Verhältnisse besserten sich aber, als die Eingesessenen statt des für die Unterhaltung jener Deichstrecke vereinbarten Geldbetrages eine erhebliche Anzahl von „Brickenweiden“ erhielten und die ursprünglich unfruchtbare Schweineweide im Laufe der Zeit in den vollen Besitz der Niederbürener überging und ertragsfähiger wurde.

 

Erstellt von: Letzte Änderung: Sonntag den 29. Mai. 2016 16:22:07 CEST von Rainer Meyer
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